... Preis ist mit Sicherheit ein Kriterium, aber noch wichtiger sind die technischen Merkmale.
Was kann eine Wärmebildkamera eigentlich alles? In Zeiten von CSI Miami und anderen TV Serien werden Eigenschaften von Wärmebildkameras gezeigt, die auf fast grenzenlose Fähigkeiten schließen lassen. Das meiste davon, aus den TV Serien, ist leider Unsinn. Wie z.B. das „durch-Wände-Sehen” und versteckte Personen in Schränken erkennen. Die Technik von Wärmebildkameras und die Physik sind eben leider nicht „grenzenlos”.
So stellen sich vor der Beschaffung viele Fragen. Wie funktioniert eigentlich eine Wärmebildkamera? Welche „Features” sind wirklich wichtig für die Feuerwehr? Fragen über Fragen – hier ein paar Antworten dazu.
Wie eine Wärmebildkamera funktioniert
Der wichtigste Baustein innerhalb einer Wärmebildkamera ist der Detektor – der „Bildsensor”. Durch ihn entsteht überhaupt erst das Wärmebild, und von seiner Qualität ist die Bildqualität abhängig. Bei Fotokameras spricht man in Bezug auf die Bildqualität oft von Pixeln. „Megapixel” im zweistelligen Bereich sind heute „normal”. Jedes Smartphone besitzt eine Kamera mit dieser Auflösung. In der Wärmebildkamera sitzt natürlich auch ein Objektiv, durch das die gesehene Szene auf den Detektor projiziert wird. Die Objektive in WBK`s für Einsatzkräfte besitzen in der Regel eine „Festoptik”. Das heißt – die Bildschärfe muss nicht eingestellt werden. Das Bild ist, ab einem bestimmten Abstand bis „unendlich”, immer scharf.
Durch das Objektiv der Wärmebildkamera fällt langwellige Infrarotstrahlung, Wärmestrahlung, auf den Detektor – den „Bildsensor”. Zum Vergleich - bei einer Fotokamera ist es Licht das auf den Bildsensor fällt, aus dem dann ein Bild entsteht. Eine Wärmebildkamera ist nur empfindlich für Infrarotstrahlung. Die Optik der Wärmebildkamera besteht in den meisten Fällen aus Germanium und lässt auch nur Strahlung in diesem Wellenlängenbereich durch. „Normales” Licht kann sie nicht durchdringen. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, z.B. Optiken aus Zinksulfid, die hervorragende Eigenschaften besitzen, aber auch teuer sind. Im Bild unten, links, sind verschiedene Kamera- Optiken in der Frontansicht, hier kann man die unterschiedlichen Materialien erkennen.
Beispiele für Linsenoptiken in der Frontansicht zur Erkennung der unterschiedlichen Materialien.
Aus der einfallenden Infrarotstrahlung errechnet nun die interne Software der Wärmebildkamera einen Temperaturwert und setzt sie in eine „Zahl” um. Aus dieser Zahl wird dann unter Zuhilfenahme verschiedener Parameter wie Emissionsgrad, reflektierte Temperatur, Umgebungstemperatur, relative Luftfeuchte usw. (in den Feuerwehr WBK`s sind diese Parameter meistens fest vorgegeben und nicht veränderbar) eine präzise Temperatur in °C errechnet.
Ein Motiv - verschiedene Möglichkeiten der Bilddarstellung aus den errechneten Werten
In der Bilderreihe „Personensuche” links oben ist jeweils das selbe Motiv dargestellt, das Wärmebild mit Parameter-Informationen und ohne, stets die gleiche Szene.
Die aus dem Strahlungswert errechnete Temperatur wird dann einer Graustufe oder Farbe zugeordnet. So erscheint z.B. ein 20°C Pixel in Blau und ein 70°C Pixel in Rot, oder eben in entsprechenden Graustufen. Je mehr Pixel zur Verfügung stehen, umso größer und feiner aufgelöst und somit qualitativ besser wird das hier entstehende, angezeigte Wärmebild. Kurz gesagt - Je mehr Pixel eine Wärmebildkamera zur Verfügung hat, desto besser. Leider gibt es keine „genormte” Detektorgröße, was zur Folge hat, dass es die verschiedensten Auflösungen gibt. Von 60x60 Pixel bis 1280x720 Pixel ist so gut wie alles erhältlich. Von einer tatsächlichen „Megapixel- Wärmebildkamera” sind wir allerdings noch weit entfernt. Stand heute sind 320x240 Pixel und 384x288 Pixel in Wärmebildkameras für Feuerwehranwendungen üblich und vollkommen ausreichend. Geräte mit 640x480 Pixel entsprechen schon der Oberklasse. Wärmebildkameras mit einer geringeren Auflösung als 320x240 Pixeln sind heute nicht mehr wirklich zu empfehlen, da das dargestellte Wärmebild sehr an Qualität verliert. Teilweise sind bei einer sehr geringen Auflösung sogar einzelne Pixel in Form von kleinen Quadraten im Wärmebild sichtbar. Der erste wichtige Parameter einer Wärmebildkamera ist also der Detektor bzw.die Pixelanzahl.
Ständige Selbstkalibrierung ist für eine gute Bilddarstellung nötig
Damit eine Wärmebildkamera ein möglichst homogenes, klares Bild darstellen kann, müssen die einzelnen Pixel natürlich aufeinander abgestimmt sein. Das erledigt der sogenannte „Shutter-Vorgang” in der Kamera. Erkennbar ist dieser Vorgang von außen nur durch ein hörbares „Klacken” und das kurze „Einfrieren” des im Display angezeigten Bildes für die Dauer dieses Vorganges. Dieser Vorgang ist zwingend nötig für die „Selbstka-librierung”, bzw.den sogenannten „Gleichlaufabgleich”. Diese Bildkorrektur sorgt für ein einwandfreies, gleichmäßiges Bild. Ein Nachteil dieses teilmechanischen Vorganges ist der kurze, bis zu zwei/drei Sekunden andauernde „Bildausfall”. Ein weiterer Nachteil der Shutter-Technologie ist auch, dass es bewegliche Teile in der Kamera gibt, die bei Wärmebeaufschlagung – oder auch Kälte häufig ihren Dienst verwehren und dann zum Ausfall der Wärmebildkamera führen.
Alternativ hierzu gibt es auch Wärmebildkamera- Modelle die „Shutterless”, also völlig ohne Shutter, auf rein elektronischer Basis die „Bildkorrektur” durchführen und so den mechanischen Shutter ersetzen. Diese Modelle sind der absoluten Spitzentechnologie zuzuordnen und bislang nur sehr selten in Modellen von WBK`s für Einsatzkräfte zu finden. Es ist aber wahrscheinlich auch nur eine Frage der Zeit, bis die Hersteller von der mechanisch unterstützten Bildkorrektur auf die elektronische „umsteigen”. Für die reine Bilddarstellung – das ununterbrochene Wärmebild im Display, was ja auch die Hauptsache und der eigentliche Zweck der WBK für Einsatzkräfte ist, ist eine „Shutterless-WBK” unschlagbar gut. Der Shutter sitzt im „optischen Kanal”, zwischen dem Objektiv und dem Detektor.
Verschiedene Shutter
Shutterless kameramodul
Shuttermodell (oben) und Shutterless
Die IR-Aufnahme mit Detailauflösung zeigt die Möglichkeiten von hochauflösenden Wärmebildkameras.
Herdplatte Hot Iron
Herdplatte Multicolor
Herdplatte Schwarz-Weiß
Herdplatte grau Invertiert
Herdplatte grau und Alarmfarbe
Was die Feuerwehr wirklich braucht
Viele Anwender der Wärmebildkamera verlassen sich im Einsatz auf ein hohes Maß an „Automation” in den Geräten. Das ist auch gut so. Denn die für eine tatsächliche Temperaturmessung nötigen Einstellungen werden entweder nicht vorgenommen, oder können in den für Einsatzkräfte zur Verfügung stehenden Geräten erst gar nicht vorgenommen werden. Meistens kann nur die Farbpalette geändert werden um zwischen verschiedenfarblichen Bilddarstellungen zu wechseln.
Gleiche Szene, unterschiedliche Farbpaletten und Graustufe
Aber wie viele und welche Farbpaletten braucht die Feuerwehr? Sicherlich ist es oft Geschmackssache des jeweiligen Anwenders und wofür man die Kamera im Einsatz benutzt. Schaut man sich die verschiedenen Farbpaletten aber genau an, so stellt man fest, dass die Graustufendarstellung das mit Abstand detailreichste Wärmebild zeigt. Der Grund dafür ist einfach – unser Auge ist für Graustufen viel empfindlicher als für Farbabstufungen. Grundsätzlich ist somit eine Graustufe, eventuell mit „Alarmfarbe” im höheren Temperaturbereich, die beste Darstellung des Wärmebildes. Eine invertierte, also „umgekehrte” Graustufendarstellung ist z.B. ideal zur Personensuche im freien Gelände oder auf dem Wasser. Sobald eine Farbpalette aus vielen verschiedenen, nicht einer Farbfamilie angehörigen Farben besteht (z.B. „Regenbogen”), wird das Wärmebild für unser Auge unscharf. Die Konturen „verschwinden” in den Farbübergängen, da unser Auge dafür, im Vergleich zur Graustufe, kaum empfindlich ist.
Zur Verdeutlichung, Bilder der Personensuche in Regenbogen-Palette und Graustufe, jeweils gleiche Szene am Artikelanfang. Einsatzkräfte brauchen eine gute, gestochen scharfe und präzise Darstellung der optischen Szene in einem Wärmebild, über eine möglichst große Temperaturspanne, mit möglichst wenig Einstellungen. Ohne Bildunterbrechungen und möglichst einer Bilddarstellung in „Echtzeit” (ab ca. 20 Hz). Kurz gesagt: Viele Pixel, wenig Knöpfe, wenig Auswahlmöglichkeiten im „Menü”.
Temperaturen messen – oder Temperaturunterschiede sehen?
Was muss man überhaupt machen, wenn man mit einer Wärmebildkamera richtig Temperaturen messen möchte? 1. Emissionsgrad einstellen, 2. Reflektierte Temperatur einstellen, 3. Umgebungstemperatur einstellen, 4. Relative Luftfeuchtigkeit einstellen, 5. Abstand einstellen, 6. Bild scharf stellen – Aufnahme.
Aufgrund der vielen notwendigen Einstellmaßnahmen ist eine exakte Temperaturmessung im Einsatz gar nicht möglich. Zum einen kann man die Wärmebildkameras für die Einsatzkräfte in den Parametern nicht verändern, zum anderen haben die Einsatzkräfte auch nicht die Zeit dazu. Dazu kommt noch, dass vom Bediener der Wärmebildkamera profunde Kenntnisse von den Materialoberflächen, die gemessen werden sollen, verlangt werden, da dies einen sehr wichtigen Parameter ausmacht – den Emissionsgrad. Eine wirkliche Temperaturmessung wird aber schon durch die „natürliche” Dämpfung der Transmission der vorhandenen Atmosphäre im Einsatz (wie z.B. Rauch, Ruß und Dampf) so gut wie unmöglich. Wenn nur ein Parameter grob falsch eingestellt ist, ist eine Temperaturmessung bereits nicht mehr möglich. Sehen kann die Wärmebildkamera dennoch alles – und darauf kommt es im Einsatz an. Denn – ist es denn überhaupt wichtig zu wissen wie warm genau es in einer Szene ist? Reicht es nicht vielmehr aus zu wissen wo genau der wärmste Punkt, oder eine Person im verrauchten Raum oder im Freien zu finden ist? Denn die Suche nach Personen und Glutnestern und die Orientierung bei Nullsicht ist doch der eigentliche Zweck der Wärmebildkamera im Einsatz – Temperaturen zu messen ganz bestimmt nicht. Die richtige, tatsächlich nutzbringende Anwendung einer Wärmebildkamera im Einsatz ist trotz aller Automatismen in den Geräten nicht einfach. Selbst die relativ geringen Einstellmöglichkeiten durch den Nutzer verlangen ein hohes Maß an Übung im Umgang mit den Geräten. Sonst sieht man einfach nichts – oder nicht das, wonach man sucht und was man sehen muss.
Es gibt sehr viele mögliche „optische Täuschungen” im Wärmebild. Gegenstände aus Metall und glatte Oberflächen spiegeln plötzlich. Gegenstände „verschwinden” förmlich aus dem Bild. Andere erscheinen im Wärmebild dort, wo sie in Wirklichkeit gar nicht sind. Ein Wärmebild kann verwirrend sein. Für die professionelle Anwendung der Wärmebildkamera im Einsatz ist eine Schulung, ein Training in jedem Fall unerlässlich. Diese Schulung muss auf die im Einsatz gegebenen Situationen zugeschnitten sein und hat mit der technischen Thermografie (der pyrometrischen Temperaturmessung) nur ganz am Rande zu tun.
Der Autor unseres Beitrages ist Thomas Zimmermann, Physiker und u.a. Verfasser des Lehrbuches der Infrarotthermografie: Allgemeine Grundlagen der Thermodynamik, Grundlagen der Strahlungsphysik, Infrarot- Geräte-Technologie, außerdem ist Thomas Zimmermann der Entwickler des Spannungsprüfers im Wasser u.a.für die Anwendung in der Feuerwehrtechnik.
Seenotretter holen verletzte Frau von Rügens Steilklippe
Bei einem Sturz unterhalb der Kreidefelsen Rügens hat sich eine Urlauberin am 2. Oktober 2019 sehr schwer am Bein verletzt. Die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) holten die Verletzte von der Steilküste, da der Transport über Land nicht möglich war.
Die etwa 55- bis 60-jährige Frau war gegen Mittag nördlich der Piratenschlucht so unglücklich gestürzt, dass sie sich eine Fraktur am Bein zuzog. Ein Hubschrauber der DRF-Luftrettung mit einer Notärztin und einer Rettungsassistentin an Bord musste aufgrund des unwegsamen Geländes etwa einen Kilometer von der Urlauberin entfernt landen. Die restliche Strecke gingen die beiden Rettungskräfte zu Fuß. Ein Transport der Verletzten über das schwer begehbare und steinige Steilufer zum Hubschrauber kam nicht infrage. Deshalb bat die Rettungsleistelle Rügen die Seenotretter um Unterstützung. Der Seenotrettungskreuzer HARRO KOEBKE lief gegen 12.15 Uhr von seinem Liegeplatz in Sassnitz aus. Während vor Ort die Notärztin und die Rettungsassistentin die Patientin stabilisierten, setzte die Besatzung der HARRO KOEBKE unweit der Küste das Tochterboot NOTARIUS und ein Schlauchboot aus – die letzten Meter zum Ufer lassen sich über dem steinigen Meeresgrund nur mit einem Schlauchboot bewältigen.
Die Verletzte wurde entsprechend geschützt auf einer Trage gelagert, und dann auf umgekehrtem Seeweg von den Seenotrettern per Schlauchboot und Tochterboot in Begleitung der Notärztin und der Rettungsassistentin auf den Seenotrettungskreuzer gebracht. Im Hafen von Sassnitz übergaben sie die Patientin gegen 13.30 Uhr an den Landrettungsdienst, der sie mit dem Rettungshubschrauber in eine nahe gelegenes Krankenhaus flog.
Bild: Die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) bringen mit einem Schlauchboot und dem Tochterboot NOTARIUS des Seenotrettungskreuzers HARRO KOEBKE eine schwer verletzte Frau von der Steilküste Rügens in Sicherheit. Foto: © Die Seenotretter – DGzRS
© Zimmermann