Nur wer nicht gefressen wird, kann schöner wohnen! Von der Küste bis zu den Alpen befassen sich Heger und Artenschützer mit neuen Methoden der Biotopgestaltung, und jährlich werden neue Samenmischungen entwickelt. Doch was hilft das, wenn den Jagdpächtern keine Flächen zur Verfügung stehen? Wenn die Politik Fördermaßnahmen derart verkompliziert, dass selbst Diplom-Landwirte Beratungsstellen brauchen? Wenn Kompensationszahlungen geleistet werden dürfen, anstatt Niederwild-Lebensräume zur Verfügung zu stellen? Biotopgestaltung ist zwar ein wichtiger Baustein. Aber ohne eine gut durchdachten Prädatorenjagd ist die ganze Mühe umsonst.
Die Prädatorenjagd ist ein Teil der Biotopverbesserung. Das Biotop, die Lebensstätte einer Lebensgemeinschaft (Biozönose), muss aufeinander abgestimmt sein. Keine Art, egal ob Pflanze oder Tier, darf durch eine andere so sehr beeinflusst werden, dass sie ausstirbt. Sowohl § 1 Bundesjagdgesetz als auch § 1 Bundesnaturschutzgesetz Abs. 1 fordern Gleiches zur Hege: eine nachhaltige Nutzung und Arten zu bewahren.
Alle am Boden lebenden Wildtiere, wie Rebhuhn, Feldlerche, Hase, Rohrweihe, Fasan oder Hamster, können wir nur dauerhaft in den Lebensräumen erhalten – und in Bezug auf Hase, Fasan, Rebhuhn nutzen –, wenn dem Nachwuchs eine Überlebenschance eingeräumt wird. Untersuchungen von Institutionen, wie der Game Conservancy Deutschland, über das Rebhuhnschutzprojekt Göttingen, dem Wiesenbrüterschutz Dümmer, bis hin zum Wiesenweihenschutz Unter- franken des NABU, weisen darauf hin, dass ein Überleben der Jungtiere selbst in den besten Lebensräumen nur möglich ist, wenn die Prädatorendichte niedrig ist.
Wer nicht kartiert, verliert schnell den Überblick: Auf dieser Revierfläche von 2 663 Hektar wurden in zehn Jahren 193 Heckbaue festgehalten (rote Punkte).
Grafik: Christoph Hildebrandt
Nach der Jungenaufzucht ist das Spiel gelaufen, denn gesunde Althasen haben von Reineke wenig zu befürchten.
Foto: privat
Grundsätzlich muss zuerst der Niederwildbesatz erfasst werden, um dann zu schauen, was wie aufgebaut und wie das Überleben des Wildes gesichert werden kann. Rabenvögel und Füchse haben aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit sehr hohe Dichten erreicht und halten dieses hohe Niveau seit Jahren. Deshalb ist es notwendig, revierübergreifend zu wirken. Dadurch können Niederwildbesätze besser gesteigert Warden.
Zuerst werden die Rabenvogel- sowie die Baujagd von Dezember bis Ende Februar intensiviert. Das reduziert Nester und Gehecke im Frühjahr. Hegeringansitze auf den Fuchs, wie sie oft im Februar durchgeführt werden, sind nur effektiv, wenn viele Jäger auf kleiner Fläche ansitzen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es am effizientesten ist, wenn alle Teilnehmer zusammen in einem Revier sitzen und die Reviere morgens und abends gewechselt werden. So ist es wahrscheinlicher, einen Fuchs zu bekommen, da die Jägerdichte auf der Fläche höher ist.
Durch eine straffe Raubwildjagd ab Jahreswechsel ergibt sich, dass im folgenden Frühjahr per se weniger Jungraubwild geboren wird, dem – egal ob im Nest oder Bau – kein Futter zugetragen werden muss.
Die effizienteste Methode: Der Jungfuchsfang zum frühestmöglichen Zeitpunkt.
Foto: Christoph Hildebrandt
47 Stück Niederwild wurden diesen zwei noch blinden Jungfüchsen (Bildrand unten) zugetragen, obwohl sie noch gar keine feste Nahrung aufnahmen.
Foto: Otto Weichselbaum
Je weniger Jungraubwild mit Fraß versorgt werden muss, desto niedriger ist der Einfluss auf den Zuwachs des Niederwildes. Wenn wir die Raubwildstrecken der vergangenen Jahre bezüglich des Erlegungsmonats analysieren, stellen wir fest, dass der größte Anteil von Spätsommer bis Winter anfällt. Diese Prädatoren konnten irgendwann einmal wachsen, weil sie mit tierischen Eiweißen von beispielsweise Junghasen, Feldlercheneiern, Rebhennen und deren Gelege gefüttert wurden.
Einige Jungfüchse am Bau mit der Büchse zu erlegen, mag den Anschein wecken, etwas Gutes fürs Niederwild getan zu haben. Die Erfahrung aber zeigt: Effektiv ist es nicht! Nur wer gezielt seine Baue ab Ende April kontrolliert und alle Jungfüchse wegfängt oder nach vorherigem Zählen das Geheck komplett erlegt, hegt effizient!
Die unvorstellbare Menge an Futter, die Altfüchse zur Jungenaufzucht herbeitragen, mag ein Bild aus Niederösterreich belegen (s. Bild oben). Die beiden noch blinden – und somit noch gar nicht Fleisch fressenden – Jungfüchse im Vordergrund des Fotos wurden bereits mit 42 Junghasen, drei Althasen, einem Fasan und einer Ente versorgt, wenngleich sie das Futter noch überhaupt nicht nutzen.
Ein Fuchs läuft durchschnittlich 8,5 km pro Nacht (Labhardt, „Der Rotfuchs“). Rechnet man diese Wegstrecke auf zwei Futter suchende Elternfüchse pro Geheck aufs Revier um, ergibt das eine Jagdstrecke von 17 km pro Nacht. Bei drei Gehecken im Revier werden somit jede Nacht 51 km nach Futter abgesucht! Dabei wird alles gerissen oder eingesammelt, da Füchse nicht unterscheiden, ob die Jungen noch etwas zu fressen haben oder nicht. Selbst die Geheckgröße macht kein Unterschied bei der Futtermenge! Das Zutragen von Fraß wird erst gestoppt, wenn die Altfüchse keinen einzigen Jungfuchs mehr zu versorgen haben! Deshalb muss es stets das Ziel des Jägers sein, ein Geheck komplett zu entnehmen. Nur das hilft wirklich!
Insgesamt muss es gelingen, den Hauptteil der Fuchserlegungen durch eine hohe Jungfuchsstrecke auf die Frühjahrsmonate zu verlagern. Wer 75 Prozent seiner Jahresstrecke von April bis zum 1. Juni erzielt, unterstützt sämtliche Bodenbrüter und Tiere des Offenlandes bei deren erfolgreicher Jungenaufzucht. Schonzeiten für Jungfüchse, wie in Hessen und im Saarland, sind nicht mit Natur- und Artenschutz vereinbar. Hege und Artenschutz hat mit einer ausgewogenen Biotoppflege und Prädatorenmanagement zu tun. Und ja, selbstverständlich wollen wir das Niederwild auch nutzen! Es bietet das beste Wildbret, das man finden kann.
Dieser junge Sommer-Rotrock hat bereits ordentlich gefressen, um zu wachsen. Ziel muss es sein, 75 Prozent der Jahresfuchsstrecke bis zum 1. Juni zu erreichen!
Foto: Jens Krüger
Den Wildbestand in seinem natürlichen Artenreichtum gesund zu erhalten, bestandsgefährdete Wildarten zu schützen und zu fördern sowie deren natürliche Lebensgrundlagen zu sichern und zu verbessern, ist per Gesetz vorgegeben. Das sicherzustellen funktioniert nicht, wenn Gewinnerarten, wie Fuchs und Rabenvögel, unberechtigte Schonzeiten haben. Hier besteht dringend Änderungsbedarf!
Politiker der Gegenwart dürfen nicht warten, bis sie sich von der Jugend von heute oder morgen vorwerfen lassen müssen, dass sie das Artensterben durch unsinnige Schonzeiten und schlechte Agrarförderung nicht aufgehalten haben. Zudem müssen wir Jäger und Landwirte die Möglichkeiten, die sich uns bereits bieten, auch nutzen.
Detaillierte Infos zum Thema finden Sie in der Abschlussarbeit des Autors zum Akademischen Jagdwirt überwildundhund.de .