... eines Ökomobils. Wer hier nicht wenigstens eine minimale Gleichgewichtsstörung bekommt, heißt R2D2 oder kommt aus der Zukunft. Noch „schlimmer“: Vom Format des AMG gibt es noch ähnliche Kandidaten – aus Ingolstadt und Zuffenhausen. Wir haben die drei spannendsten Superstromer für einen Vergleich zusammengetrommelt. Gegen den neuen Mercedes-AMG treten an: Der Audi RS e-tron GT mit 646 Overboost-PS sowie der (ebenfalls mithilfe einer kurzzeitig aktivierten Leistungsspitze) 680 PS starke Porsche Taycan Turbo.
Audi RS e-tron GT
Fast zu digital: Dem Audi e-tron ist sogar ein Wählhebel für die Getriebeautomatik zu profan
Reisen mit Stil Typisch Ingolstadt: Cockpit mit leicht veränderbarer Grafik für das Fahrerdisplay – ein Tastendruck genügt (1) Gefühlt enger: Raumangebot im Fond eher subjektiv eingeschränkt (2) Dem Porsche ähnlich: Sitze mit einer kleinen Prise mehr Langstreckencharakter (3) Mit Durchreiche: Lehne in drei Teilen klappbar, aufrecht ab 350 Liter Gepäckabteil (4) Elektro-Standard: Fach unter der vorderen Haube (Frunk) (5) Hübsches 21-Zoll-Design, dahinter teures Innenleben: Bremsanlage aus Kohlefaser-Keramik-Verbundwerkstoff für 5600 Euro Aufpreis (6)
DAS SIND SIE
Alle drei Boliden packen mächtig pralle Akkupakete in den Wagenboden. Im Mercedes spenden Zellen mit nutzbaren 90,56 kWh Kapazität die Energie, bei Audi und Porsche versorgen Batterien mit 83,7 kWh (ebenfalls netto) die Elektromaschinen. Abzüglich der „Netto-Puffer“ und vorausgesetzt, die Autos werden mit Verbräuchen rund um die WLTP-Werte bewegt, soll der Mercedes in der Folge rund 478 Kilometer weit kommen. Porsches theoretischer Wirkungskreis beträgt demnach 466 Kilometer, Audi (der sich ja das Technikgerüst mit dem Taycan teilt) schafft nach dieser Formel angeblich 481 Kilometer. Allerdings: Wir haben andere Verbrauchszahlen ermittelt. Auf unserer Praxisrunde mit schneller gefahrenem Autobahnanteil vernichtet zum Beispiel der AMG fast doppelt so viel Energie auf 100 Kilometer, wie von Mercedes versprochen. Am Ende schmilzt der Aktionsradius des EQE auf rund 290 Kilometer. Audi und Porsche kommen im realen Leben auch nur 320 Kilometer weit.
Porsche Taycan Turbo
Vor allem das Lenkgefühl hebt den Taycan von den Konkurrenten ab - ein Porsche halt
Kurbeln mit Genuss Porsche rettet Typisches sogar ins Elektrozeitalter: Hinter dem Lenkrad wohnt der größte Spaß, davor ein wohlbekanntes Arrangement aus drei Rundinstrumenten (1) Am Ende fast ein Coupé: Platz im Fond knapp (2) Sport im Rücken: Sitze mit saftigem Halt und toller Polsterung (3) Fach im Bug: Wie beim Elfer kleine Mulde unter der vorderen Haube. Hier ist das Ladekabel bestens aufgehoben (4) Keine Gnade: Die Bremsen mit Keramik in den Scheiben beißen unerbittlich zu – Bestwerte hier (5) Der Rest vom Fest: Kofferraum mit geteilt klappbarer Lehne (6)
In seinen Dimensionen ist Mercedes ehrlicher. Das stattlichste Auto hier im Feld bietet auch am meisten Raum. Fahrer, Beifahrer und Passagiere sitzen bequem und fühlen sich wohl, sogar das Gepäck hat am meisten Platz. Gleichzeitig ist Mercedes der einzige Hersteller, der seinem XL-Stromer eine Anhängerkupplung zugesteht – auch wenn hier lieber nur Fahrradträger beziehungsweise knappe 750 Kilo- gramm Maximalgewicht an den Haken dürfen. Außerdem lässt sich der übersichtlichere Mercedes beim Rangieren besser abschätzen – für den Fahrer bedeutet das weniger Stress in engen Passagen. Schade: Der deutlich größere Wendekreis des EQE frisst ein dickes Stück dieses Vorteils gleich wieder auf. Die bequemsten Vordersitze bietet unserer subjektiven Einschätzung nach ebenfalls der EQE. Die dicken Sessel fangen bequem auf und führen dennoch stramm genug bei kurviger Fahrt.
SO FAHREN SIE
Apropos kurvige Fahrt: Das ist klar der große Spaß im Taycan. Die genaue Lenkung mit viel Gefühl (sogar noch sensibler als im sehr ähnlich konzipierten Audi) lässt herrlich präzise Fahrmanöver zu. Dazu passt das lebendige, aktive Wesen des Porsche. Trotz satter Grundhaltung hat der austarierte Stuttgarter noch etwas Leichtfüßiges, beim Anlenken sehr Folgsames. Der Audi läuft ähnlich, auch er lässt sich gerne zackig dirigieren. Allerdings bremst er – wie der Mercedes – deutlich verhaltener, wen es um die Prüfung von 100 km/h auf 0 geht. Hier zeigt Porsche, was fahrdynamisch möglich ist. Der Fahrer kann den immerhin 2,3 Tonnen schweren Gleiter innerhalb von 33 Metern zum Stillstand bringen – Respekt!
Mercedes-AMG EQE 53
Schirmherrschaft Dominiert von digitalem Überfluss: Hauptdisplay des MBUX (1) Beschränkt durch die Dachform: Raumgefühl in der zweiten Reihe (2) Geführt nur untenrum: Sitze mit weniger Halt an den Schultern als von einem AMG erwartet (3) Gehoben über die Kante: Kleine Stufe im Kofferraum erschwert das Durchschieben von Ladung (4) Wischen am Limit: Tasten in den Lenkradspeichen mit merkwürdiger Rückmeldung (5) Kreuzen mit Eleganz: Filigrane Sternspeichen-Leichtmetallräder lassen gelbe Sättel der Carbon-Keramikbremse durchschimmern (6)
Das feinste Hightech-Gefühl trifft hier auf den berühmten Tritt ins Kreuz. Aber in aller Stille
Der Mercedes liegt besonders massig auf der Straße (fast 200 Kilogramm deftiger als Porsche und Audi), kann das jedoch über seine Allradlenkung kaschieren und gleichzeitig in den gediegeneren Fahrkomfort ummünzen. Klasse: Dicke Bodenwellen pariert er mit einem sanften Wiegen beim Ausfedern, schnell und kantige Anregungen glättet der Viertürer dabei ebenso souverän. Auch läuft er besonders leise, lässt sich hervorragend über das Gaspedal dosieren und reagiert intelligent oder intuitiv adaptierbar rekuperierend auf Wechsel in den Schiebebetrieb.
Der Vollständigkeit halber: Der Porsche ist natürlich in der Spitze das schnellste Elektroauto (schafft 260!), sprintet den Konkurrenten aus dem Stand heraus davon und zieht am Mercedes auch beim Beschleunigen aus mittleren Geschwindigkeiten heraus vorbei.
Dass der Mercedes – als Einziger hier mit nur einem Gang am Start – subjektiv gelassener in Richtung Horizont stürmt, ist sowohl dem fehlenden kleinen Schaltruck bei circa 90 km/h als auch der murmelnden Geräuschkulisse geschuldet.
DAS KOSTEN SIE
Den Schwindel durch Datenlage und Leistungsvermögen hatten wir ja bereits. Aber jetzt kommt die echte Keule. Denn unter sechsstellig ist der neue EQE nicht zu haben. Das ist erst der Anfang. Für den Test müssen wir Pakete und besondere Konfigurationen hineinrechnen. Da wären zum Beispiel das Akustik-Komfortpaket (1071 Euro) mit dickeren Seitenscheiben, das AMG Dynamic Plus Paket 4760, das sämtlich mögliche Leistung freisetzt, oder die traktionsstarke 21-Zoll-Mischbereifung für ebenfalls 1071 Euro. Addieren wir alle Posten, kostet ein Mercedes-AMG EQE 53 4Matic plus über 138 000 Euro.
Ein Schnäppchen gegen den Audi! Der ist nämlich – in für den Test relevanter Ausstattung – für 157 680 Euro zu bekommen. Auch das noch ein Billigheimer! Zumindest gegen den Porsche. Für einen optimal auf Tempo und Spaß getrimmten Taycan Turbo kassiert Porsche nämlich 175 270 Euro. Auch hier gilt: Wichtige Extras wie die Superbremse mit Scheiben aus Carbon-Keramik, Hinterachslenkung, 21-Zoll-Bereifung und weitere Posten erhöhen den ursprünglichen Einstandspreis um satte 20 000 Euro. Immerhin beruhigen die deutlich geringeren Fixkosten etwas – hier holt der mit fast 4000 Euro monatlich belegte Porsche immerhin rund 500 Euro pro Monat auf.
Doch die irren Preise wollen wir nicht zu hoch aufhängen. Schließlich stehen hier die schnellsten, edelsten und modernsten deutschen Elektroautos vor uns. Relativieren wir also die Unterschiede, steht ein Sieger fest. Es ist der ebenso komfortable wie geräumige Mercedes. Was nicht heißt, dass er langweilig und lahm wäre. Ganz im Gegenteil. Ein AMG ist natürlich auch als E-Auto schnell. Schwindelerregend schnell.
PLATZIERUNG Punkte maximal 800
TESTSIEGER
1. Mercedes-AMG EQE Als bärenstarker AMG der beste Begleiter in diesem Trio. Komfortabler und größer zudem. 610 Punkte
2. Audi RS e-tron GT Sehr universell, sehr schnell, wirkt modern - der elegante Sportler in diesem Vergleich. 585 Punkte
3. Porsche Taycan Spezialist in typischen Disziplinen: Handling, Bremsen, Fahrgefühl. Dabei allerdings teuer. 570 Punkte
FAZIT
JAN HORN, BEREND SANDERS
Abartige Fahrleistungen sind das eine. Ein hohes Technikniveau mit Luxusund Komfortanstrich das andere. Alle drei Kandidaten beherrschen es aus dem Effeff. Der AMG einen Tick mehr.