... Jugendlichen und Erwachsenen. Hersteller Epic Games rückt kaum konkrete Zahlen heraus. Aber im November 2018 sollen es 200 Millionen aktive Spieler weltweit gewesen sein!
Ahnungslose Eltern „Stürme, Spitzhacken, Barrikaden, grüne Äpfel, Loser Dance … Mein Sohn spricht in Rätseln. Damit könnte ich ja noch leben, aber jetzt leiden die Noten. Zwei Fünfer im letzten Zeugnis“, berichtet Brigitte. Und ihre Freundin Susanne (38) weiß: „Psychologen warnen da echt vor. Immer mehr Kids schwänzen die Schule oder sind super aggressiv. Du solltest Tim das Spielen verbieten!“ Allein in Deutschland spielen drei Millionen Kinder zwischen zwölf und 17 Jahren Computerspiele – dazu zählen neben den sogenannten Ego-Shootern aber auch Fußball-Spiele wie „FIFA“. Die aktuelle Studie der Krankenkasse DAK sagt, dass 15,4 Prozent von ihnen ein riskantes oder pathologisches Spielverhalten an den Tag legen. Elf Prozent davon fehlen laut Studienleiter Prof. Dr. Rainer Thomasius „innerhalb von einem Monat eine Woche oder mehr in der Schule oder Ausbildung.“
Konsequenzen Susanne bleibt hart beim Thema PC-Games, auch bei ihrem Sohn: „Joe ist zehn. Stell dir vor, in seiner Klasse ist er der Einzige, der nicht dieses Fortnite spielt. Dabei ist es erst ab zwölf Jahren freigegeben! Und weißt du, wie die anderen Eltern reagieren?“ Brigitte schüttelt den Kopf. „Die behandeln mich wie eine Aussätzige. Ich solle mich nicht so anstellen! Und wenn mein Sohn ins Abseits gerate, sei ich schön selbst schuld …“
Nachlassende schulische Leistungen sind ein Warnsignal!
In Frankreich herrscht ein generelles Handyverbot auf dem Schulhof. Auch eine Idee für Deutschland?
Je leiser man ist, desto leichter überlebt man bei Fortnite. Kopfhörer helfen, Gegner besser zu lokalisieren
Bei Fortnite grenzt ein Sturm das Spielfeld immer weiter ein. Wer von diesem eingeholt wird, stirbt. In Minecraft werden Rohstoffe abgebaut und verarbeitet
Psychologen sehen den Spielekonsum nicht grundsätzlich negativ. So fördern Games strategisches Denken oder stimulieren Reaktionszeiten. Auch ist heute bekannt, dass sogenannte Ballerspiele das Risiko für Amokläufe nicht erhöhen. Das Gewaltpotenzial Einzelner wird in frühester Kindheit über persönliche Erfahrungen festgelegt. Und doch gibt es Risiken. Manche Patienten in Suchtkliniken sind es gewohnt, bis zu zwölf Stunden am Tag zu zocken. Da viele Spiele aus den USA kommen und auch dort intensiv gespielt werden, sitzen hierzulande immer mehr Jugendliche bis tief in die Nacht vor dem Computer. Ihr Tag-Nacht-Rhythmus gerät völlig durcheinander. Müdigkeit, weniger Konzentration und schlechte Schulnoten folgen.
Wie weiter? „Ich bin froh, dass Tim trotzdem noch zum Fußball geht“, sagt Brigitte. „Wichtiger als ein Verbot ist mir, dass wir verstehen, was er da treibt! Darum spielt sein Vater jetzt mit ihm, lässt sich alles erklären. Über diesen Weg wollen wir feste Zeiten vereinbaren.“
Suchttherapeut Christian Groß findet, dass das ein Weg ist: „Auch wenn es Eltern schwerfällt, macht es Sinn, sich dafür zu interessieren, was das Kind tut. Erst wenn man versteht, was passiert, wie lange Spiele dauern etc., kann man konkrete Absprachen treffen. Zudem glaube ich, dass es Kinder zurecht übergriffig finden, wenn Eltern über etwas urteilen, was sie nicht kennen …“ Aber er sagt auch, dass die Altersbeschränkungen unbedingt gelten müssen.
Experten-Interview: „Jugendliche neigen zu exzessivem Verhalten“
Suchttherapeut Christian Groß (36) vom Fachverband Medienabhängigkeit e. V. spricht mitLISA über Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen
Laut DRK-Studie sind 15 % der Kinder computerspielsüchtig.
Wie sehen Sie das? „Es gibt Computerspiele, die eine hohe Suchtgefahr haben. Dennoch würde ich die DRKStudie etwas relativieren. Repräsentativ gibt es in der Gesamtbevölkerung ca. 1 % Computerspielsüchtige. Bei Jugendlichen sind es 4–5 %. Das ist eine hohe Zahl! Aber die 15 % aus der DRK-Studie sind nicht repräsentativ.“
Warum ist das so? „Jugendliche neigen in der Pubertät zu exzessivem Verhalten. Sie probieren ungehemmt viel aus. Eine hohe Zahl von ihnen reduziert dieses Verhalten von alleine wieder. Das nennt man Drop-out-Effekt.“
Sie verlieren also schnell die Lust?
„Es kommen eher neue Interessen dazu: Führerschein, erste Freundin … Die übrigen kompensieren meist negative Erfahrungen. Sie können im Computerspiel erfolgreich oder beliebt sein.“
Welche Spiele fördern die Abhängigkeit?
„Das zeigt die DRK-Studie gut. Es gibt drei Gefährdungsbereiche, die der Fachverband Medienabhängigkeit gerne reglementiert sehen würde. Erstens: Die Spiele sind endlos, wer sich nicht selbst steuern kann, spielt immer und immer weiter. Zweitens: Alle Freunde spielen. Ist man einmal nicht online, bekommt man das Gefühl, die anderen im Stich zu lassen. Drittens: Es gibt immer mehr Glücksspielelemente. Es wird mitunter viel Geld eingesetzt, um weiterzukommen.“
Wie ist das bei Fortnite? „Es vereint die drei eben genannten Bereiche par excellence. Und: Da von 100 Spielern immer nur einer gewinnt, fehlt hier der Verlustmoment. Gewinnt man aber doch, ist die Belohnung umso größer.“
Was mache ich, wenn mein Kind Suchtverhalten zeigt? „Zunächst würde ich die Spielzeit reglementieren. Wenn das nichts nützt, den Computer entziehen – auch wenn das Konflikte bringt. Dann ist es sinnvoll, zu einer Beratungsstelle zu gehen. Künftige Computernutzungen können dann an die Bedingung geknüpft sein, mit den Eltern dort Gespräche zu führen.“