... Sacré-Coeur, die schneeweiße Kirche. Schaut man nach links, blickt man auf den Eiffelturm. Sponsor Head hat die imposante Location zur Vertragsunterzeichnung ausgesucht. Alexander Zverev, dem man bei der Länge von fast zwei Metern seine 91 Kilogramm nicht ansieht („ich wiege 16 Kilo mehr als vor drei Jahren, aber schwerer will ich jetzt auch nicht mehr werden“), trägt einen dunklen Anzug. Der Jungstar ist sichtlich entspannt.
Herr Zverev, wir müssen über Erdbeeren reden. Wie schmecken sie Ihnen?
Gut, aber nur wenn Erdbeersaison ist, sonst mag ich die nicht.
Wie essen Sie sie?
Mit Cream, so wie in Wimbledon.
Wie viele Erdbeeren essen Sie denn während der zwei Wochen?
Da esse ich nicht so viele, weil ich davon Seitenstiche bekomme. Wenn ich keinen Sport treibe, esse ich davon zwei Kilogramm am Tag (lacht ).
Wann waren Sie das erste Mal in Wimbledon auf der Anlage?
Bei den Junioren, 2013. Ich war vorher nie dort. Wimbledon ist das einzige Grand Slam-Turnier, bei dem ich als Kind nicht mit Mischa war.
Wie war das damals?
Schön. Für mich war es sehr interessant, diese historische Anlage zu sehen. Als Junior ist man völlig begeistert. Normalerweise kennt man das nicht, dass einem alles abgenommen wird. Da ist alles perfekt organisiert. Ich hatte mich richtig gefreut, dort spielen zu dürfen. Leider hatte ich mich etwas an der Schulter verletzt. Das war ein bisschen traurig, aber ansonsten war alles sehr, sehr gut (Zverev, an Position 3 gesetzt, musste im Achtelfinale gegen den Amerikaner Stefan Kozlov bei 0:4 im dritten Satz aufgeben;Anm. d. Red. ).
Gab es besondere Begegnungen?
Ich habe mit Tommy Haas trainiert. Aber es war nicht so, dass ich nur staunend durch die Gegend lief. Die anderen Spieler kannte ich ja schon aus Melbourne, Paris oder New York. Das war dann eigentlich nichts Besonderes mehr.
Viele Spieler sagen, Wimbledon sei magisch. Übt der Ort auf Sie auch eine besondere Energie aus?
Ja (überlegt etwas ). Es ist das älteste Turnier der Welt. Es wird als einziges Grand Slam-Turnier immer noch auf Rasen gespielt. Wimbledon hat ein besonderes Flair.
Im Clubhaus hängt die Tafel mit dem berühmten Rudyard Kipling-Zitat: „If you can meet with Triumph and Disaster…“. Es geht darum, dass man mit Siegen und Niederlagen gleichermaßen umgehen sollte. Hat der Spruch eine Bedeutung für Sie?
Es war nie so, dass ich mir das bewusst angesehen habe. Aber der Spruch stimmt hundertprozentig. Wir gewinnen Matches, wir verlieren Matches und müssen versuchen, in der Balance zu bleiben. Wenn man es schafft, Niederlagen und Siege mit der gleichen Emotion anzunehmen, hilft das. Aber natürlich sind es nie dieselben Emotionen. Ich glaube eher, wenn man alles dafür getan hat zu gewinnen und dann am Ende verliert, ist es okay. Man muss es akzeptieren.
Klingt weise für einen 21-Jährigen.
Ich weiß nicht, ob es weise klingt, aber in dem Spruch steckt viel Wahrheit.
Der Centre Court gilt fast als Heiligtum. Wie haben Sie ihn empfunden?
Als ganz besonders. Diese Ruhe vor dem Aufschlag gibt es wahrscheinlich nur da. Als ich vor ein paar Jahren das erste Mal dort spielen durfte, war ich sehr nervös. Mein Gegner war Tomas Berdych. Er war damals der viel bessere Spieler (2016 verlor Zverev in der dritten Runde in vier Sätzen,d. Red. ). Aber es war trotzdem speziell. Es gibt kaum eine Steigerung zum Centre Court in Wimbledon.
Sticht Wimbledon hervor, wenn man alle Grand Slam-Turniere vergleicht?
Nein, das würde ich nicht sagen. Alle Grand Slams sind wichtig. Alle diese Turniere haben etwas Besonderes – egal ob Paris, London, New York oder Melbourne.
Sie sind in diesem Jahr so hoch platziert wie noch nie, wahrscheinlich an Position zwei oder drei gesetzt. Was haben Sie sich für das Turnier vorgenommen?
Das habe ich in meinem Kopf. Ich kenne meine Ziele, möchte sie aber nicht öffentlich machen. Ich möchte einfach nicht, dass so viel darüber geredet wird. Ich habe das auch letztes Jahr so gemacht. Mein Ziel war, mich für die Weltmeisterschaft in London zu qualifizieren. Zu den besten acht Spielern zu gehören. Zum Saisonstart 2017 war ich die Nummer 24. Es war ein Riesenziel und ich habe es geschafft. Dieses Jahr habe ich auch ein großes Ziel.
Bleiben wir bei Wimbledon. Was macht es aus Ihrer Sicht schwer, das Turnier zu gewinnen?
Da gibt es so viele Faktoren. 127 andere Spieler wollen auch gewinnen und die können alle Tennis spielen. Generell bin ich mit meinem Körper sehr zufrieden. Ich wiege 91 Kilo – 16 mehr als vor drei Jahren. Man kann die Veränderungen sehen. Aber: Viel mehr will ich auch nicht wiegen, sonst bin ich zu schwer. Ich habe keine Probleme mehr, lange Matches zu spielen. Es ist nur generell so bei mir, dass ich in den ersten Runden nicht mein bestes Tennis spiele. Das liegt daran, dass ich mich einspielen muss, dass ich ein sehr aggressiver Spieler bin. Ich muss mich ins Turnier finden. Je länger das Turnier geht, desto besser werde ich. Bei den meisten Turnieren, die ich gewonnen habe, habe ich jedes Mal Matchbälle abgewehrt oder 7:6 im dritten Satz gesiegt.
Wie gern spielen Sie eigentlich auf Rasen? Ist das mittlerweile ein natürliches Gefühl für Sie?
Das natürlichste Gefühl ist auf Sand. Weil ich auf Sand aufgewachsen bin. Weil ich früh Turniere in Deutschland und Europa auf diesem Belag gespielt habe. Aber ich habe gezeigt, dass ich auf Rasen gutes Tennis spielen kann. Ich habe Roger Federer geschlagen. Ich habe in Halle zweimal hintereinander im Finale gespielt. Gras ist ein interessanter Belag, man muss ganz anders spielen. Die Rasensaison ist kurz. Ich freue mich immer darauf, wenn wir – ich will es mal so sagen – in der historischen Phase der Saison angekommen sind.
Präparieren Sie Ihre Schläger anders für Wimbledon?
Nicht anders als sonst. Ich bespanne meine Rackets bei jedem Turnier unterschiedlich. Rom ist wärmer als Paris. Madrid ist hochgelegen. Wir spielen überall mit anderen Bällen. Ich bespanne zum Beispiel in Halle anders als in Wimbledon. In Halle in der Regel härter, weil die Bedingungen konstanter sind. Letztlich hängt es vom Wetter ab. Entscheidend ist aber etwas anderes.
Nämlich?
Dass man sich hundertprozentig wohlfühlt mit dem Schläger. Wenn man bei fünf beide im fünften Satz einen Breakball hat und einen besonderen Schlag ausführen will, ist es wichtig, dass man sich voll auf das Racket verlassen kann.
KURZWEILIGER TALK: tennis MAGAZIN-Chefredakteur Andrej Antic im Gespräch mit Alexander Zverev in Paris.
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