... SOHNES
Radke hat das Tier zwar inzwischen als den älteren Bruder der Kleinen identifiziert. Das macht ihn aber nicht harmloser. Das Männchen weiß: Geht es auf das Spielangebot ein und deutet seine Mutter eine seiner Bewegungen als bedrohlich, kann es zum blutigen Kampf kommen. Das zweite Junge läuft auf ihn zu. Die Mutter bricht den Blickkontakt ab. Ein Friedensangebot. Der große Bruder weiß, dass er hier jetzt unerwünscht ist, und verschwindet. Die Szene ist ein Glücksfall für Radke.
Und ein Höhepunkt seiner zweiteiligen
16 Bis JAHRE
kann sich eine Leopardin fortpflanzen
„Jede Sichtung ist ein Glücksfall.“
Reinhard Radke, Tierfilmer
Bis 6 METER
weit und 3 Meter hoch springen Leoparden
Doku „Die Leopardin“, die jetzt im NDR läuft (siehe TV-Tipp). Die knapp 90 Minuten sind die Ausbeute aus ungefähr 120 Arbeitstagen während sechs Drehreisen ins Masai-Mara-Naturschutzgebiet in Kenia, das Teil der Serengeti ist. „Wenn man mit Leoparden arbeitet, braucht man neben Beharrlichkeit auch Glück“, sagt Radke. „Es ist extrem unvorhersehbar, wann und wie lange man einen Leoparden zu Gesicht bekommt. Jede Sichtung ist kostbar, und wenn sie nur ein paar Sekunden dauert.“
Leoparden tauchen im NICHTS ab
Die lokalen Guides sind untereinander vernetzt und informieren sich gegenseitig über Sichtungen: „An diesen Stellen beginnt man zu suchen. Trotzdem passiert es, dass man zehn Meter an einer Leopardin vorbeifährt und sie nicht sieht.“ Leoparden seien nun mal Meister der Tarnung, das erkennt der Tierfilmer respektvoll an. Er bewundere, „wie sie sich im Busch bewegen, wie sie es schaffen, völlig unvermittelt aufzutauchen, wieder zu verschwinden und dann wochenlang unsichtbar zu sein, obwohl sie in der Gegend sind“.
Auch wie sie ihre Umgebung registrieren und Gefahren wittern, die etwa von den deutlich überlegenen Löwen ausgehen, sei phänomenal: „Es hat mich sehr beeindruckt, wie sie kleinste Bewegungen und Gerüche wahrnehmen und wissen: Ach tung, jetzt wird es kritisch!“ Das macht sie extrem schwer zu bejagen, was aber trotz strenger Verbote immer wieder vorkommt.
Leoparden passen sich den unterschiedlichsten Lebensräumen an, ob in Asien oder Afrika, ob in dichten Wäldern, in der Savanne oder im Hochgebirge. Trotzdem kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lebensräume mit natürlichen Beutepopulationen stetig abnehmen. Der Tierfilmer kennt die Gegend seit mehr als 35 Jahren und hat beobachtet, wie rapide sich die Siedlungsdichte erhöht hat und das Reservat kleiner wurde. Die Menschen rücken bis an die Schutzzonen vor und treiben ihre Rinder regelmäßig ins Reservat. Konflikte sind programmiert. Radke weiß: „Leben große Raubtiere und Menschen zu nah beieinander, sind Viehverluste und Vergeltungsaktionen die Folge.“
Leoparden schaffen es offenbar besser, mit der Nähe von Menschen umzugehen, als etwa Löwen oder Tiger. Auch an die Touristen im Masai-Mara-Naturschutzgebiet haben sie sich angepasst: „Sie kennen die Stellen, die mit dem Auto nicht erreichbar sind, etwa an Bachläufen. Dort verstecken sie ihre Jungen“, erzählt Radke. „Das machen sie in einer geradezu lässigen Art und Weise.“
THOMAS RÖBKE
MI 15.9. TV-TIPP
20.15
NDR
EXPEDITIONEN INS TIERREICH DOKU Die Leopardin: Königin der Schatten. Ihr Leben in der Serengeti