... sagen. Der herrlich frei saugende, boxende Sechszylinder gleicht auch in jüngster Form wieder einem Gedicht von Goethe, einer Komposition von Bach, einer Skulptur von Michelangelo. Porsche mischt dem Boxer Komponenten aus GT3 RS und Speedster der abgelösten Baureihe 991 bei. Das Verlangen, den Touring immer über 5000 Umdrehungen zu halten, ist maßlos, beinahe unverschämt, hinterlässt in Anbetracht des Klimawandels fast ein schlechtes Gewissen. Letztlich aber nur ein kleines, denn ein Otto-Partikelfilter steckt drin; das bedeutet Norm 6d. Noch was zum Sound: Porsche bewies bereits Talent beim Speedster, der trotz OPF famos klingt, gleiches gilt für den 992. Umgeben von Rebstöcken in den Bergen rund um Trier, stellt sich die Frage, was wohl mehr berauscht: der hier angebaute Wein oder der Touring? Ekstase bergauf und bergab ohne echte Nebenwirkungen – die Antwort lautet klar GT3.
Am Antrieb liegt es also nicht, bleibt die Frage, warum sich der knapp zwanzig Jahre ältere Wagen vor uns bei Kurvenein- sowie Ausgang immer wieder absetzt? Mag es am Ge-triebe liegen? Nein, sechs von Hand zu verwaltende Gänge lassen sich wohl nur bei Porsche mit so viel Leichtigkeit und Präzision durch die Gassen führen. Selbst Schaltmuffel ließen sich wahrscheinlich nach wenigen Hundert Metern auf ewig bekehren. Wir vermissen jedoch eine gewisse mechanische Klangkulisse, wenn der belederte Knauf von Gasse zu Gasse wandert.
PORSCHE 911 GT3 TOURING
Motor B6, hinten längs
Hubraum 3996 cm 3
Leistung 375 kW (510 PS) bei 8400/min
max. Drehmoment 470 Nm bei 6100/min
Antrieb Hinterrad/ Sechsgang manuell
L/B/H 4573/1852/ 1279 mm
Leergewicht 1418 kg
Kofferraum 132 l
0–100 km/h 3,9 s
Höchstgeschw. 320 km/h
Verbrauch 12,9 l SP/100 km
Abgas CO 2 292 g/km
Preis 170 969 Euro
Die Sache mit dem Gewicht ist vielleicht des Rätsels Lösung. 1418 Kilogramm listet Porsche in den technischen Daten. Nicht wenig, aber auch nicht viel, und vor allem kein Gramm mehr als beim Vorgänger und nur bedingt schwerer als der Frontmann.
Die Antwortmöglichkeiten schwinden, möglicherweise gibt es Probleme mit Lenkung oder Fahrwerk. Der Richtungsgeber brilliert, keine Überraschung, wieder mit schienenartiger Präzision, reichlich Feedback und erstklassigem Rückstellmoment. Liegt wahrscheinlich auch an den neuen Doppelquerlenkern, die der GT3 vom RSR borgt. Ebenfalls neu: mehr Federhärte, dabei etwas weichere Stabilisatoren – klingt nicht nach reichlich Komfort. Stimmt, aber wer hier viel erwartet, kauft besser Cayenne oder Panamera. Als Eins-zu-eins-Kopie des GT3 liegt das bevorzugte Terrain abseits von StVO-reglementierten Straßen, ein Komfort- beziehungsweise Touring-Modus wäre aber gerade auf langer Strecke wünschenswert. Frei von jeglicher Kritik: die Schalensitze, die auf den ersten Blick anderes vermuten lassen. Stundenlange Passagen ohne Pause? Eine Kleinigkeit. Bleibt am Ende eigentlich nur der nicht vorhandene Flügel, oder? Nein, ein ausfahrbarer Spoiler gleicht den Flügel in Teilen aus. Mit dem Wagen stimmt also alles, wo ist dann das Problem, der Unterschied zum Vordermann? Ganz einfach. Die Pace macht Rallye-Legende Walter Röhrl, mittlerweile 74, im ersten GT3. Im neuen GT3 Touring sitzt nur ein Bewunderer – von allen dreien.
★★★★★ = sehr gut, ★★★★ = gut, ★★★ = befriedigend, ★★ = ausreichend, ★ = mangelhaft
FAZIT
CHRISTOPH RICHTER
Porsche zeigt zum wiederholten Male Ingenieurskunst erster Güte. Wer GT3- Performance schätzt, damit aber nicht auffallen will, muss nicht weitersuchen!
URTEIL★★★★★