... Gleiches gilt für die Abmessungen, die für die üppige Displaydiagonale von 6,7 Zoll standesgemäß ist. Das Edge 20 Pro liegt gut in der Hand, ohne kopflastig zu sein. Verbessern darf Motorola gerne die Position der Tasten: So ist der Power-Knopf noch gut für den Daumen erreichbar, die Lautstärkewippe dadrüber aber weniger. Ebenso der Kopf auf der anderen Seite, mit dem sich der Google Assistant auf den Plan rufen lässt. Dieser ist einfach zu weit oben. Wer statt bei Sonnenschein auch mal im Regen telefoniert, darf sich übrigens auf einen Tropfwasserschutz nach IP52 verlassen. Mehr ist in der Preisklasse selten, auch wenn wir es natürlich gerne gesehen hätten.
Superschnelles Display
Richtig rasant geht es auf der Front des Edge 20 Pro zur Sache: Motorola verbaut ein OLED mit 144 Hz Bildwiederholrate, die bislang noch selten anzutreffen ist. Damit wirkt Text selbst beim schnellen Scrollen gestochen scharf. Einen Unterschied zu 120 Hz erkennt man schon, aber eher im direkten Vergleich. Im wahrsten Sinne ausspielen kann man das flüssige Anzeigeerlebnis beim Mobile Gaming, wofür das Edge ebenfalls gut gerüstet ist. Dazu aber gleich mehr. Standard ist in der Preisklasse die Auflösung von 1080 x 2400. Gut gefallen haben uns auch die rundum dünnen Displayränder. Insgesamt ist die Qualität des OLEDs basierend auf den Daten unseres Testlabs sehr gut.
Sportlicher Chip, viel Speicher
Damit man beim Mobile Gaming und Co. neben dem flüssigen Display auch eine flüssige Performance hat, stattet Motorola das Edge 20 Pro mit dem Snapdragon 870 aus – Qualcomms Chipsatz für gehobene Ansprüche. Seine Leistung ist auf dem Niveau des letztjährigen Top-Chips und immer noch vollkommen ausreichend. Zumal das Phone mit 12 GB RAM bestückt ist. Beim Edge ist also Oberklasseleistung angesagt. Die restliche Ausstattung knüpft daran an: So erhält man mit 5G, WiFi 6 und Bluetooth 5.1 alle aktuellen Connectivity-Standards. Um beim Gaming auf Wunsch auf eine noch größere Anzeige zu blicken, legt Motorola ein USB-C-auf HDMI-Kabel bei, das sich über den Displayport-fähigen USB-Anschluss mit einem Monitor verbinden lässt. Etwas mau ist jedoch die durchschnittliche Übertragungsgeschwindigkeit von 25,5 MByte/s am Anschluss. Schade finden wir auch, dass der Hersteller auf Stereolautsprecher verzichtet hat, was gut ins Gaming-Thema gepasst hätte. Dem Monospeaker mangelt es zudem stark an Bass. Außerdem vermissen wir kabelloses Laden und einen microSD-Slot. Die mitgelieferten 233 GB Speicher sollten aber den meisten Nutzern genügen.
Beim System hält es Motorola wie eh und je schlicht und setzt auf eine native Nutzeroberfläche, die auf Android 11 basiert. Motorola verspricht den Käufern mindestens zwei neue Android-Updates und zwei Jahre Sicherheitspatches, die alle zwei Monate eintreffen sollen. Für ein 700-Euro-Gerät erwarten wir eigentlich eine längere Updateversorgung, gerade bei einer einfachen Nutzeroberfläche. Mit vielen Features kann diese nämlich nicht aufwarten. So fehlt eine App-Sperre, ein privater Modus sowie ein Allways-on-Display. Dafür lässt sie sich einfach bedienen und bietet einige Motorola-typische Funktionen. Mit einer Hackbewegung aktiviert man demnach die Taschenlampe und eine Drehung mit dem Handgelenk öffnet die Kamera-App.
Letztere bietet verschiedene Filter und einen großen Funktionsumfang. So nimmt man Videos auch mit beiden Kameras gleichzeitig auf, kon-vertiert das Bild bis auf eine Farbe in Schwarzweiß oder knipst im Pro- Modus Fotos in RAW.
Teleoptiken im Vergleich
Das Fünffachzoom des Edge 20 Pro (rechts) macht bei viel Licht einen guten Job. Im Vergleich zum Dreifachzoom des Oneplus 9 Pro (links) erkennt man Details deutlich besser.
Motorola Edge 20 Pro im Kameratest
Motorola schärft das Profil des Edge 20 Pro: mit einer Weitwinkeleinheit (108 MP), einem Superweitwinkelmodul (16 MP) und einem Fünffachzoom.
■ Die Weitwinkelkamera
Der Hauptkamerasensor schießt Bilder mit 108 oder 12 Megapixeln. Unterm Strich schneiden über die drei Helligkeitsstufen die JPEG-Dateien mit 12 Megapixeln besser ab. Bei 5000 Lux ist die Bildqualität der Fotos mit 108 Megapixeln überlegen – obgleich auch die niedriger aufgelösten Aufnahmen gut sind und bei nachlassender Helligkeit dank besserer Feinzeichnung in Führung gehen. Bei 5 Lux baut die Qualität deutlich weiter ab, bleibt aber nutzbar. Insgesamt ein gutes Weitwinkelmodul, aber mit einer etwas schwächeren Leistung als die vergleichbare Kamera des Samsung S21 Ultra – vor allem bei bei wenig Licht.
■ Kurzes Tele / Zweifachzoom
Die Weitwinkelkamera ist fürs Zoomen bis zum Faktor 5 zuständig. Auch hier hat man die Wahl zwischen 12 und 108 Megapixeln. Fotos in der kleineren Auflösung sind zwar besser, kommen aber nicht über ein „ausreichend“ hinaus, denn die Detailverluste sind bei allen Helligkeitsstufen überdeutlich. Wir empfehlen, selbst bei gutem Licht mög lichst nicht zu zoomen.
■ Langes Tele
Mit 8-Megapixel-Sensor und Blende 3,4 zeigt sich das Telemodul typisch lichtschwach: Bei Dunkelheit ist es kaum nutzbar, und auch bei wenig Licht empfiehlt es sich nur eingeschränkt. Doch in hellem Licht holt das Fünffachzoom Motive nah heran und gibt ausgewählte Details gut wieder – genau dazu ist ein Tele da!
■ Das Superweitwinkelmodul
Bei viel Licht sind die Aufnahmen gut, bei wenig Licht noch ordentlich. Die Auflösung ist in der Bildmitte hoch, nimmt aber schnell zum Rand hin ab. In der Nacht fällt die Feinzeichnung jedoch zu stark ab.
■ Fazit
Die Weitwinkelkamera ist sehr gut und entfaltet vor allem bei viel Licht und mit der maximalen Auflösung ihr Potenzial. Aber zoomen sollte man damit lieber nicht. Die Teleeinheit kann bei gutem Licht als Zoomkamera überzeugen, und auch das Superweitwinkelmodul punktet, sofern das Licht ausreicht.
Wadim Herdt
Die JPEGs mit 108 Megapixeln (1) zeigen bei viel Licht das maximale Potenzial von Motorola. Sie fangen mehr Details ein und haben eine natürlicher wirkende Bildabstimmung als die Aufnahmen mit 12 Megapixeln (2), die im Vergleich härter abgestimmt werden. Mit nachlassendem Licht können die JPEGs mit 12 Megapixeln (3) die Qualität jedoch besser erhalten und sind dann den Fotos mit 108 Megapixeln deutlich überlegen. Im kurzen Telebereich zeigt diese Kamera im 12-Megapixel-Modus selbst bei viel Licht eine recht schwache (4), mit der 108-Mega pixel-Auflösung sogar eine enttäuschende Leistung. Man sollte lieber die Telestellung des Fünffachzooms verwenden. Dessen Auflösung von 8 Megapixeln ist zwar eigentlich zu gering (5), doch bei viel Licht kann diese Kamera die Bildausschnitte detailreicher darstellen. Das Superweitwinkelmodul punktet bei viel (6) und wenig Licht mit guten, nicht überzeichneten Aufnahmen.
Starke Laufzeit, aber mäßige Telefonieakustik
Im Labor ergibt sich ein gemischtes Bild: Trotz der 144 Hz liefert das Edge 20 Pro mit 10:49 Stunden eine überragende Laufzeit ab. Hier hilft sicherlich, dass sich je nach gezeigtem Inhalt die Hertzfrequenz variabel anpasst. Geladen wird mit 30 Watt in ordentlichem Tempo. Verbesserungswürdig ist die Telefonieakustik. Hier fehlt es etwas an Lautstärke. Bei den Empfangseigenschaften gibt sich das Edge 20 Pro keine Blöße.
Displaymessung
Das OLED des Edge 20 Pro ist blickwinkelstabil und bietet draußen sehr gute Kontrastwerte, was zu einer guten Ablesbarkeit führt. Die durchschnittliche Helligkeit könnte einen Tick höher ausfallen, mit 624 Candela ist der Boost-Modus aber sehr gut.
Motorolas Ausflug in die Oberklasse ist gelungen. Auch wenn hier und da noch ein paar Ausstattungsmerkmale fehlen und die Kamera noch nicht ganz optimal abgestimmt ist, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis beim Edge 20 Pro doch sehr gut.
Lennart Holtkemper