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Elektrifizierung in Unterlichtgeschwindigkeit

Unter den weltweit in jedem Jahr rund 80Mio neu zugelassenen Kraftfahrzeugen finden sich gerade einmal 500.000 elektrisch angetriebene PKW. Deutschlands Musterschüler in Sachen Elektromobilität, BMW, hat im vergangenen Jahr 2.000.000 Autos verkauft. Elektrisch angetrieben werden davon 30.000. Das sind 1,5%. Das ist der Rekordwert in der deutschen Automobilindustrie.

Deutsche Tageszeitungen verkaufen im Schnitt fast 5% ihrer Auflage als E-Paper. Die Spitzenreiter liegen weit darüber. Bei den Zeitschriften liegt der E-Paper-Anteil nur bei 0,7% – immerhin leicht oberhalb des E-PKW-Anteils am Weltkraftfahrzeugmarkt.

 

Das erste elektrisch betriebene Auto wurde Ende der 1880er Jahre in Coburg gebaut.

Das weltweit erste E-Paper publiziert zu haben reklamiert die Rhein-Zeitung für sich. Es erschien 2001.

 

1972 war die Menschheit mit einem Elektromobil auf dem Mond unterwegs.

Etwa zur gleichen Zeit begannen erste Entwicklungsarbeiten zur Idee eines elektrischen Papieres. Das erwies sich bisher als Sackgasse.

 

Die Harvard Business Review ist laut Wikipedia die erste Zeitschrift, die parallel zu ihrer gedruckten Ausgabe auch online (im Rahmen eines bibliografischen Kataloges) erschienen ist. Das war 1982.

Schon zwei Jahre vorher hatten erste Automobilhersteller mit der Elektrifizierung konventioneller Serienfahrzeuge experimentiert. Auf den Straßen waren – wenn auch nur in prototypentypischen Mengen – elektrisch betriebene Chevrolette Chevettes, Audi 100 und 190er Mercedes unterwegs.

 

Die Automobilindustrie ist beim Thema E-Mobilität in fast 150 Jahren weniger weit vorangekommen als die Presseverlage in knapp 40 Jahren beim Thema Digitalisierung. Und dabei geht es bei den Autos ja nur um Elektrifizierung. Nicht um die Neuerfindung des Produktkonzeptes, wie es bei digitaler Presse möglicherweise notwendig sein wird.

Massives Lobbying hat den nicht gerade darbenden Autoherstellern nun eine Umweltprämie für jeden Käufer eines Elektroautos eingebracht. Die Digitalisierung von Presse wird dagegen immer noch mit einem 12%-Umsatzsteuermalus bestraft.

Das alles ist kein Argument dagegen, weiterhin attraktive und erfolgreiche Papierprodukte zu entwickeln und zu vermarkten. Aber niemand soll mehr sagen, der Kunde/Nutzer habe durch sein Verhalten schon entschieden, was er zukünftig haben will.