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Deutsche Medien und die Flüchtlingskrise

Über eine Million Flüchtlinge suchten 2015 Schutz in Deutschland. 476.649 Asylanträge wurden letztes Jahr gestellt – rund 20 Prozent davon von Menschen zwischen 18 und 25 Jahren. Viele dieser Menschen sind hoch motiviert sich hier schnell einzuleben und die Schrecken, die Sie in Ihrer Heimat und während der Flucht erlitten haben, hinter sich zu lassen. Sie wollen unsere Sprache lernen, eine Arbeitserlaubnis und einen Job bekommen und wieder ein richtiges Zuhause finden.

Die doppelte Herausforderung der Medien

Die Medien – klassische, wie moderne – tragen einen wesentlichen Beitrag zur Integration neuer Mitbürger bei: Sie berichten über die Zustände in der alten Heimat, vermitteln erste Ansätze der noch fremden Sprache und führen Immigranten nach und nach in die Kultur und Gesellschaft der neuen Heimat ein.

Gleichzeitig spielen die Medien auch für uns „Einheimische“ eine essentielle Rolle bei der Meinungsbildung rund um das Thema Flüchtlinge und geraten dabei häufiger in Kritik: Die Berichterstattung der „vierten Gewalt“ sei angeblich nur unvollständig oder falsch wenn es um Flüchtlinge und Verbrechen im Zusammenhang mit diesen geht, sei es nun solche, die den Migranten angetan werden oder von ihnen ausgehen. Fast die Hälfte der Bevölkerung empfindet die Berichterstattung über Flüchtlinge als „einseitig“, so die Ergebnisse einer aktuellen Erhebung des Allensbacher Instituts für Demoskopie.

Die doppelte Chance der Medien

Um diesen Trend der Ablehnung umzukehren, der schon längst von rechten oder linken Randgruppen auf die politische Mitte übergegriffen hat, müssen die Medien noch besser lernen mit der Situation umzugehen. Eine offene und schnelle Berichterstattung ist zwingend notwendig – ein so zögerliches Verhalten wie bei den Vorfällen an Silvester in Köln befeuert nur Gerüchte um ein politisch gesteuertes „Schweigekartell“.

Der Halbitaliener und Chefredakteur der Zeitung DIE ZEIT Giovanni di Lorenzo und der aus dem Iran stammende Michel Abdollahi, der gerade mit seiner sehenswerten Reportage „Im Nazidorf“ den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat, sind Ausnahmen in der deutschen Medienlandschaft: nur drei bis fünf Prozent der Journalisten in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Dabei würde eine größere Vielfalt der Kulturen den Redaktionen dabei helfen Immigranten besser zu verstehen und einfacher zu erreichen.

Wenn Medienschaffende die Herausforderungen, die die „Flüchtlingskrise“ mit sich bringt, nicht als schwere Last, sondern als Chance begreifen, kann sich unsere deutsche Medienlandschaft (und mit ihr die gesamte Gesellschaft) weiterentwickeln: Sie wird vielfältiger, offener und freier als jemals zuvor.

Bildquelle: juergenhu/ Shutterstock.com