chevron_left zurück

Zeitenwende

„We are not the Taliban of free“ sagte einmal Alan Rusbridger, der langjährige Chefredakteur der hervorragenden liberalen, weltweit renommierten, für zahlreiche investigative Scoops in der jüngeren Vergangenheit verantwortlichen aber leider alle ihre Inhalte im Web kostenlos verschenkenden englischen Tageszeitung Guardian. Nun hadert die Zeitung massiv mit diesem Geschäftsmodell, das vermutlich keins ist, und wir wetten darauf, dass die Paywall auch beim Guardian kommen wird. Wenn auch unter dem freundlicheren aber bisher weitgehend bedeutungslosen Namen ‚Mitgliedschaft‘.

Während bei den Engländern die Kehrtwende noch aussteht, ist der angeblich früher als „Stalinist der Kostenloskultur“ verrufene ex-Chefredakteur von Spiegel Online und heutige FAZ-Digitalchef, Mathias Müller von Blumencron, augenscheinlich geläutert. Über die Produkte seines neuen Arbeitgebers sagt er „mit einem Produkt von so hoher Qualität wie der FAZ werden wir nicht so schnell in Reichweiten vorstoßen, die eine weitgehende Werbefinanzierung sinnhaft erscheinen lassen. Wir arbeiten deshalb an neuen Angeboten, für die unsere Leser bereit sind, Geld zu bezahlen.“

Kostenlose Angebote sind immer noch das wesentliche – und in diesem Fall tragfähige – Geschäftsmodell von Google. Aber die Zeiten, in denen sich der Internetriese ausschließlich bei den Verlagen bediente – ob zu deren Lasten oder zu deren Nutzen sei einmal dahingestellt – sind vorbei. Von einer umfangreichen und sehr non-profit anmutenden Werbekampagne für deren Produkte in seinem Digitalkiosk über ein Absenken der ‚first click free‘-Schwelle bei Google News bis hin zur überraschend umfangreichen Spezifikation von Bezahloptionen im AMP-Projekt: auch Google fördert mittlerweile Geschäftsmodelle, die auf bezahlpflichtigen Presseinhalten beruhen.

Apple will angeblich demnächst eine Möglichkeit schaffen, dass Inhalte von Bezahlmedien in seiner News App nur für Bezahler sichtbar sind.

Das alles summiert sich, um im Sprachbild zu bleiben, zu einer mächtigen Koalition der Willigen, die Paid Content voran treibt und etabliert. Die Frage ist nur, ob es auch eine Koalition der Erfolgreichen werden wird. Aber wo ein Wille ist, da ist bekanntlich auch ein Weg.

Bildquelle: Stephanie Frey/ Shutterstock.com