Jahresbilanz der Pressefreiheit 2022
In der seit 1995 veröffentlichten Jahresbilanz der Pressefreiheit dokumentiert RSF die Zahlen der schwersten Übergriffe auf Medienschaffende weltweit im zu Ende gehenden Jahr. Das betrifft neben professionellen Journalistinnen und Journalisten auch Medienmitarbeitende wie Kamerafrauen oder Tontechniker sowie Bürgerjournalistinnen und -journalisten, die gerade in Ländern mit autoritären Regimen und in Kriegsländern eine wichtige Rolle bei der Recherche und Verbreitung politisch relevanter Nachrichten und Informationen spielen. Die Jahresbilanz berücksichtigt nur Fälle, in denen RSF nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt ist, dass die Genannten in direktem Zusammenhang mit ihrer journalistischen Tätigkeit Opfer von Gewalt, Angriffen oder Unterdrückung geworden sind. Alle Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2022 oder sind Momentaufnahmen zum Stichtag 1. Dezember 2022.
Die Zahl inhaftierter Medienschaffender ist 2022 auf ein Rekordhoch angestiegen. Zum Stichtag 1. Dezember saßen weltweit mindestens 533 Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit im Gefängnis, so viele wie nie zuvor. Mehr als die Hälfte ist in den Gefängnissen von nur fünf Ländern inhaftiert: China, Myanmar, Iran, Vietnam und Belarus. Neu in dieser Gruppe ist der Iran, wo nach dem Ausbruch der landesweiten Proteste derzeit 47 Medienschaffende im Gefängnis sitzen. Auch die Zahl der inhaftierten Journalistinnen ist mit 78 so hoch wie nie zuvor. Im zu Ende gehenden Jahr 2022 sind weltweit zudem mindestens 57 Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet worden, fast 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Einer der Gründe für diesen Anstieg ist der Krieg in der Ukraine, wo acht Medienschaffende starben. Das zeigt die Jahresbilanz der Pressefreiheit, die Reporter ohne Grenzen (RSF) am Mittwoch (14.12.) veröffentlicht hat.
„Die Rekordzahl inhaftierter Medienschaffender zeigt, dass autoritäre Regime verstärkt dazu übergehen, unliebsame Journalistinnen und Journalisten einfach wegzusperren. In den meisten Fällen machen sie sich nicht einmal die Mühe, sie vor Gericht zu bringen“, sagte RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „Hinter den 533 inhaftierten Medienschaffenden stehen Schicksale von mutigen Journalistinnen und Journalisten, die für kritische Recherchen große Risiken eingehen und teils unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis ausharren müssen.“
MEDIENSCHAFFENDE IM GEFÄNGNIS
Nachdem RSF bereits 2021 ein Rekordhoch bei den inhaftierten Medienschaffenden verzeichnet hatte, ist die Zahl 2022 noch mal um rund 13 Prozent auf 533 angestiegen. In keinem Land sitzen mehr Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis als in China (110), wo Zensur und Überwachung ein extremes Ausmaß angenommen haben. Gemessen an der Bevölkerungsgröße sind jedoch in Myanmar (62) mit Abstand die meisten Journalistinnen und Journalisten inhaftiert. In dem südostasiatischen Land ist Journalismus inzwischen faktisch eine Straftat, wie die große Zahl der nach dem Militärputsch vom Februar 2021 verbotenen Medien zeigt.
Nur etwas mehr als ein Drittel der inhaftierten Medienschaffenden weltweit wurde verurteilt. Knapp 64 Prozent sitzen ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis; manche von ihnen warten seit mehr als 20 Jahren auf ihren Prozess.
Auch die Zahl der inhaftierten Journalistinnen ist 2022 erneut auf ein Rekordhoch angestiegen. Derzeit sitzen mindestens 78 Journalistinnen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit im Gefängnis, rund 28 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr.
GETÖTETE MEDIENSCHAFFENDE
Nach zwei Jahren Abwärtstrend ist die Zahl der im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getöteten Journalistinnen und Journalisten wieder gestiegen. Im Jahr 2022 kamen 57 Medienschaffende ums Leben, fast 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Einer der Gründe für diesen Anstieg ist die russische Invasion in die Ukraine, die in diesem Jahr mit acht getöteten Medienschaffenden das zweitgefährlichste Land weltweit für Medienschaffende wurde.
Knapp 80 Prozent aller 2022 getöteten Journalistinnen und Journalisten wurden aufgrund ihrer Arbeit gezielt ermordet. Besonders gefährlich waren, wie schon in den Vorjahren, Recherchen zu den Themen organisiertes Verbrechen und Korruption.
ENTFÜHRTE UND VERSCHWUNDENE MEDIENSCHAFFENDE
Weltweit gelten derzeit mindestens 65 Medienschaffende als entführt, so viele wie im vergangenen Jahr. Nahezu alle Fälle konzentrieren sich wie 2021 auf drei Länder des Nahen Ostens: auf Syrien (42 Medienschaffende entführt), Irak (11) und den Jemen (11).
Zwei Journalisten wurden 2022 als vermisst gemeldet.
Quelle des Textes und des Bildes: reporter-ohne-grenzen.de
Gesamten Report herunterladen und lesen: Jahresbilanz 2022