Lesezeit ca. 3 Min.
arrow_back

Die Magie des Albums


Logo von Rolling Stone Sammler Ausgabe
Rolling Stone Sammler Ausgabe - epaper ⋅ Ausgabe 1/2012 vom 14.06.2012

Grosse alben sollten kurz sein – je kürzer, desto besser. Wenn ich eine CD mit 17 Tracks sehe, bin ich gleich genervt. Große Alben sind die, zu denen man immer wieder zurückkehrt – wie etwa Aretha Franklins„I Never Loved A Man The Way I Love You“. Es ist einfach eine perfekte Platte, die ich in regelmäßigen Abständen immer wieder auflege.„Exile On Main Street“ ist das beste Rock’n’Roll-Album, das je gemacht wurde – auch wenn es sogar 18 Tracks hat. Kanye Wests„808 & Heartbreak“ ist so sexy wie ein Marvin-Gaye-Album: Wann immer ich es höre, haut es mich um. Keine Frage: Singles sind fantastisch, und ich liebe natürlich auch Pop, aber das Album hat die populäre Musik positiv verändert.

Mein erstes Album war„Dusty“ von Dusty Springfield – was für eine unglaubliche Stimme! Und dann Marvin Gaye:„What’s Going On“ hat die schwarze Musik für immer revolutioniert. Wenn man ein derartiges Album auflegte, hörte man zunächst die erste Seite, atmete einmal tief durch und spielte dann die zweite. Es war wie ein magisches Ritual. Einmal kaufte ich mir vier große JBL-Lautsprecher, stellte sie in ein großes Zimmer meines Hauses und legte Kraftwerks„Trans-Europe Express“ auf. Ich rauchte einen Joint und glaubte ernsthaft, Gott begegnet zu sein.

In den Sechzigern und Siebzigern konnte man jede Woche zwölf Alben kaufen, die heute allesamt Klassiker sind. Ich erinnere mich noch, wie ich mein erstes Exemplar von„Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ kaufte: Es war 1967, und ich war gerade 20. Das Album hatte eins der ersten Klappcover, und auf dem Rückweg musste ich mein Rad einhändig steuern, weil ich das schöne Cover nicht ruinieren wollte. Es war, als habe jemand gerade etwas völlig Neues erfunden.„Revolver“ hingegen war das Album, bei dem die Beatles zu einer wirklichen Band wurden – im Sommer 1966 drehte sich alles um„Revolver“ .

Das zweite The-Band-Album veränderte mein Songwriting grundlegend, während„Chet Baker Sings“ eine der bewegendsten Platten aller Zeiten ist. Gott sei Dank nehmen Musiker noch immer Alben auf. Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen einzigen Song aus dem Netz runtergeladen und plane auch nicht, das in Zukunft zu tun. Ich erinnere mich noch daran, wie ich einmal zu einer Show fuhr und Eminems„The Marshall Mathers LP“ im Auto hörte. Ich konnte einfach nicht abschalten und war geradezu in Trance, weil die Energie so elektrisierend war. Arcade Fires„Neon Bible“ bewirkte Ähnliches bei mir: Das Album scheint dich beim Hören geradezu anzuspringen.

Das Album wird auch in Zukunft überleben – Adeles„21“ ist dafür das beste Beispiel. Die Leute werden davon gerührt: Es verändert die Art und Weise, wie sie ihr Leben empfinden, es macht sie glücklich oder traurig. Es ist einfach ein großartiges Album – und übermäßig lang ist es auch nicht.

Zur deutschen Ausgabe

Die Aufstellung in diesem Heft ist das Ergebnis zweier einzigartiger Umfragen des amerikanischen ROLLING STONE: Bei keinem anderen Ranking wurden so viele Musikschaff ende, Künstler, Kritiker und Branchenleute befragt (fast 400), deren schiere Kompetenz so eindrucksvoll wirkt wie ihre Prominenz – und die wohl nur bei einer solchen gigantischen Umfrage ihren Teilnahmebogen einsenden. Für die Auswertung wurde sogar ein Notariat mit der Aufsicht betraut.

Deutsche Leser werden bemerken, dass der Anteil von Soul und Country höher ist als bei deutschen Rankings üblich – und dass insgesamt populäre Alben gegenüber kanonischen, aber eher schwierigen Werken bevorzugt werden. Das liegt auch daran, dass der Pop-Kritiker, das unbekannte Wesen, in dieser Jury nicht gar so viel zu sagen hatte. Bei den wenigen Fällen von amerikanischen Editionen von Alben (der Beatles und Stones), die sich von den europäischen unterscheiden, haben wir uns um eine Angleichung bemüht (und die europäischen Cover abgebildet). Irritirend mag die Berücksichtigung von Best-of-Alben und Anthologien wirken. Sie repräsentatieren hier vor allem das Wirken von Alten Meistern , deren Songs oft verstreut veröff entlicht wurden.

Die deutsche Redaktion fügte schließlich eine Rangliste der 50 besten deutschen Alben an. Viel Zündstoff! Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre.

Mehr aus dieser Ausgabe

Titelbild der Ausgabe 1/2012 von Die 500 Besten Alben Aller Zeiten. Zeitschriften als Abo oder epaper bei United Kiosk online kaufen.
Die 500 Besten Alben Aller Zeiten
Titelbild der Ausgabe 1/2012 von Die Juroren. Zeitschriften als Abo oder epaper bei United Kiosk online kaufen.
Die Juroren
Titelbild der Ausgabe 1/2012 von Die 50 besten deutschen Alben aller Zeiten. Zeitschriften als Abo oder epaper bei United Kiosk online kaufen.
Die 50 besten deutschen Alben aller Zeiten
Mehr Lesetipps
Blättern im Magazin
Die 500 Besten Alben Aller Zeiten
Nächster Artikel
Die 500 Besten Alben Aller Zeiten
Mehr Lesetipps