... viel in Bewegung, angespannt oder aktiv sein.
Abgesehen davon, dass sie nicht so viel sprechen, können introvertierte Menschen dadurch gekennzeichnet sein, dass sie schüchtern und zurückgezogen sind oder unsicher im Umgang mit anderen Menschen. In der Arbeitswelt werden Introvertierte aufgrund ihres Verhaltens oft mit verschiedenen negativen Etiketten belegt, wie z.B. Eigenbrötler, Freak, Nerd, Geek usw. Aber stimmen diese Vorurteile? Oder ist es möglich, dass Introvertierte auch gut in Gruppen arbeiten oder sogar Vorgesetzte werden können?
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass sowohl Extrovertierte als auch Introvertierte nach zwischenmenschlicher Interaktion Müdigkeit verspüren. Das zeigen Forschungsergebnisse von Leikas und Ilmarinen aus dem Jahr 2016. Ermüdung aufgrund sozialer Interaktion ist also gewissermaßen “normal“. Es gibt jedoch auch viele Unterschiede zwischen introvertierten und extrovertierten Menschen. Und Forschungen haben ergeben, dass Introvertierte viele positive Eigenschaften besitzen.
Untersuchungen des USamerikanischen Psychologen Grant aus dem Jahr 2010 zufolge sind Introvertierte tendenziell fleißiger. Untersuchungen von Buckner und Horowitz, die 2012 veröffentlicht wurden, zeigen auch, dass Introvertierte tendenziell gründlichere Entscheidungen treffen. Introvertierte sind es außerdem gewohnt, allein zu sein. Dies ist unverzichtbar für Jobs, die Kreativität erfordern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Csikszentmihalyi schon im Jahr 1990 herausgefunden hat, dass Introvertierte tendenziell kreativer sind. Diese Kreativität entsteht aus Ruhe und minimaler Ablenkung.
Untersuchungen von Grant aus dem Jahr 2010 zeigten sogar, dass Intro vertierte gute Führungskräfte sind. Insbesondere dann, wenn das Team aus proaktiven Personen oder Fachleuten besteht. Darüber hinaus zeigte diese Studie auch, dass introvertierte Führungskräfte ihren Teams mehr Freiraum und Unabhängigkeit bieten. Dies ist besonders wichtig für Teams, deren Mitglieder über ein hohes Maß an Professionalität verfügen. Es ist auch gut für die Entwicklung von Unabhängigkeit und Arbeitsverantwortung – als Einzelpersonen wie auch für Teammitglieder.
Die Psychologin Susan Cain, eine Expertin auf dem Gebiet der introvertierten Persönlichkeit, schätzt, dass die Gesamtzahl der introvertierten Menschen etwa ein Drittel bis die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung ausmacht. Darüber hinaus haben viele bekannte Persönlichkeiten der Welt introvertierte Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Mahatma Gandhi, Bill Gates, Warren Buffet, Barrack Obama, Darwin, J.K. Rowling und Mark Zuckerberg. Untersuchungen des Gifted Development Center, die von 1979 bis 2009 an genialen Kindern durchgeführt wurden, haben sogar ergeben, dass etwa 60% der genialen Kinder und 75% der sehr genialen Kinder introvertierte Persönlichkeiten haben.
Genau wie Extrovertierte haben auch introvertierte Menschen ihre jeweils eigenen Stärken und Schwächen. Was den Unterschied ausmacht, ist, wie die jeweilige Person mit Problemen umgeht, wie sie ihre Arbeit erledigt und mit anderen Menschen umgeht. Dabei geht es weder um besser oder schlechter, noch um falsch oder richtig. In Bezug auf die Arbeit ist das Wichtigste die Arbeitskompetenz sowie die Fertigstellung der Arbeit und das Erreichen von Zielen.
Die Tatsache, dass Introvertierte dazu neigen, wenig zu sprechen, interpretieren andere Menschen oft falsch, indem sie annehmen, dass Menschen, die nicht viel reden, eher arbeitsunfähig sind. Um damit umzugehen, sollten Vorgesetzte sensibel auf die Fähigkeiten und Eigenschaften jedes einzelnen Team-Mitglieds eingehen. Gleichzeitig sollten Introvertierte ihre Fähigkeiten bei der Arbeit aktiver zeigen. Arbeitsfähigkeit zu zeigen ist dabei nicht dasselbe wie Angeberei, sondern dient vor allem dazu Missverständnisse zu vermeiden und zu verhindern, dass die eigene Leistung unterschätzt wird. Durch proaktives Auftreten können kompetente Introvertierte einen positiven Einfluss auf sich selbst und ihr Arbeitsumfeld ausüben.