Bildquelle: evolve, Ausgabe 32/2021
evolve: Wenn wir über den Markt sprechen, dann gehen wir unausgesprochen davon aus, dass er eine Tatsache ist, mit der wir leben müssen. Sie aber sprechen davon, dass der Markt keine Tatsache ist, sondern nur ein Mythos, den wir selbst geschaffen haben und der uns jetzt beherrscht. Wie meinen Sie das?
Walter Ötsch: Alle großen Kategorien wie Nation, Staat, Politik oder Gesellschaft sind letztlich Mythen: Sie sind sozial konstruierte Gebilde, die für sich behaupten, Tatsachen zu sein. Das gilt auch für »den Markt« (in der Einzahl), dem »wir uns« angeblich zu unterwerfen hätten. Dieser Mythos hat ungemein schädliche Auswirkungen, man denke nur an Umweltfragen.
»Den Markt« finden wir in der Wirtschaftstheorie in zwei großen Versionen: bei Friedrich August Hayek, gewissermaßen dem Vater des Neoliberalismus, in seiner Vorstellung vom Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, und in den Mainstream Economics, ...