Thomas Christian Römer Alttestamentler und Althistoriker an der Universität Lausanne und am Collège de France in Paris.
Im aktuellen Konflikt zwischen dem Staat Israel und den Palästinensern fordern Letztere, dass al-Quds (die Heilige) – gemeint ist Ostjerusalem – Hauptstadt des palästinensischen Staates wird. Doch die israelische Regierung und die meisten Israelis können Jerusalem nicht aufgeben, weil sich in dieser Stadt der Tempel des Salomo befand, der nach der Rückkehr aus dem Babylonischen Exil wieder aufgebaut und im Jahr 70 nC von den Römern zerstört wurde. Nach jüdischem Glauben wird der Tempel mit der Ankunft des Messias endgültig wieder aufgebaut und der Opferkult wieder aufgenommen.
Ein Land und ein Tempel Die Vorstellung, dass Jerusalem das einzige legitime Heiligtum sei, entstand im 7. Jh. vC im Rahmen einer Politik der Zentralisierung, die König Joschija und seine Berater am Hof ...