... nicht eingefroren wird, was den Erhalt der Keimfähigkeit künstlich verlängert. Aber nicht nur genetische Veranlagungen, auch Samenreife und Lagerbedingungen können die Keimfähigkeit von Samen beeinflussen. Deshalb sollte man Saatgut auch immer trocken eingetütet in geschlossenen, luftdichten Gefäßen, idealerweise bei etwa 10 Grad und dunkel aufbewahren, damit Schimmel und andere Pilze, Bakterien und Insekten keine Angriffsmöglichkeiten haben. Auch ist es bei gelagerten Samen wichtig, sie vor dem Aussäen auf ihre noch vorhandene Keimfähigkeit hin zu überprüfen.
EIN KEIMTEST VERRÄT, OB DAS SAATGUT NOCH KEIMFÄHIG IST
Vor allem, wenn älteres Saatgut aus angebrochenen Samentüten vom Vorjahr oder weiter zurückliegenden Jahren verwendet wird, ist es gut, vor dessen Aussaat Keimproben vorzunehmen. Also zu prüfen, ob die Samen noch keimfähig sind. Dazu einen Teil der Samenkörner auf feuchte Watte, Filterpapier oder Papiertuch einzeln auflegen, in ein Weck-oder Marmeladenglas geben und luftdurchlässig abdecken, damit die Feuchtigkeit erhalten bleibt und sich dennoch kein Schimmel bilden kann. An einem hellen, warmen Ort aufbewahrt, müssten die Samen nach einigen Tagen beginnen, Wurzelspitze, Spross und Keimblätter zu bilden – was ein Hinweis auf die gute Keimkraft des Saatgutes ist.
VÖLLIG LOSGELÖST VON DER ERDE …
… sind Samenkörner, wenn man sie in Tütchen aufbewahrt. Wie tief sollten sie später in die Erde gesteckt werden? Dafür gibt es eine einfache Faustregel aus alter Zeit: Ein Samenkorn sollte ein- bis zweimal so tief ausgesät werden, wie es dick ist. Ist das schlecht zu bemessen, einfach die dicken Körner 1 Zentimeter und kleine 3 bis 4 Millimeter tief aussäen. Tipp: Feines Saatgut versteckt sich gern in den Ritzen der Saatguttüte. Zur einfacheren Aussaat das Saatgut mit der doppelten Menge feinem Sand vermischen. Und nicht zu früh aussäen, sonst schießen die Keimlinge in die Höhe, weil man sie noch nicht auspflanzen kann.
Keimtest und Aussaat
Streuen Sie dazu einige Samen in eine Wasserschale. Schwimmen sie oben? Dann sind die Körner vollkommen ausgetrocknet und keimen wahrscheinlich nicht mehr aus. Sinken sie nach unten, sind die Chancen, dass sich Sämlinge daraus entwickeln, hingegen gut. Mit den keimfähigen Samen kann es dann an die Aussaat gehen – je nach Pflanzensorte und Jahreszeit entweder als Freilandaussaat direkt ins Beet oder als Voraussaat geschützt im Haus, Gewächshaus, im Frühbeet oder unter einem Anzuchtvlies. Vor allem nicht heimische Gemüse- und Blumenarten brauchen meist eine warme Kinder- stube in der Wohnung oder im beheizten Gewächshaus. Mit der Vorkultur vor dem Auspflanzen ins Freiland verfrühen Sie die Erntereife frostempfindlicher Pflanzen bzw. verschaffen den jungen Sämlingen optimale Startbedingungen in geschützter Umgebung, wodurch sie später gegenüber Freilandpflanzen einen Entwicklungsvorsprung bekommen und oftmals auch resistenter gegenüber Schädlingen und Schnecken sind. Denken Sie bei der Aussaat aber stets daran, die Bedürfnisse der jeweiligen Pflanzen zu berücksichtigen: Lichtkeimer wie Salat und Fingerhut nur andrücken oder sehr dünn mit Erde bedecken, Dunkelkeimer wie etwa Kürbis und Stiefmütterchen tiefer in die Aussaaterde stecken, denn sie keimen lieber unter der Erde. Wenn Sie die auf den Saatgutpackungen angegebenen Pflanzabstände beachten, ersparen Sie sich das zeitaufwendige spätere Vereinzeln der zarten Jungpflänzchen. Noch einfacher geht es mit Saatbändern, -scheiben, -platten und -teppichen: Hier liegen die einzelnen Saatkörner bereits im richtigen Abstand zueinander, eingebettet in ein wasserund substratdurchlässiges Gewebe. Ihr großer Vorteil im Beet: Bei ihnen können die Samen nicht durch Regen ausgespült oder von Vögeln weggepickt werden. Übrigens lassen sich diese Sähilfen auch leicht selbst herstellen: Ein in lange Streifen geschnittenes Küchenpapier der Länge nach falten und mit Samen „füllen“, indem man sie in regelmäßigen Abständen mit Stärkekleber (etwa aus Maisstärke, Zucker und Wasser) befestigt. Papier zuklappen, trocknen lassen – fertig ist das eigene Saatband.
HIER STIMMEN ABSTAND UND MISCHUNG
1 Saatbänder sind vor allem für Balkonkästen bestens geeignet. Die Handhabung ist problemlos: Einfach ein bis zwei Aussaatrillen ziehen, das Saatband auflegen, andrücken und mit einer Sprühflasche wässern. Anschließend mit Erde abdecken und erneut wässern. 2 Saatscheiben, -platten und -teppiche funktionieren auf die gleiche Weise. Sie sind für die Verwendung in Töpfen und auf größeren Beetflächen zurechtgeschnitten. 3 Während Saatpillen einzelne, zu Kügelchen gleicher Größe geformte Samenkörner sind, beherbergen die umfangreicheren Samenbomben meist Mischungen aus mehreren Pflanzenarten
BUCHTIPP
Die Welt retten, indem man eigenes Saatgut gewinnt? Das ist möglich – davon ist Sigrid Drage überzeugt. In ihrem neuen Buch zeigt sie, wie jeder alte Sorten erhalten, Pflanzenvielfalt feiern und von Saatgutkonzernen unabhängig werden kann (Löwenzahn Verlag, 26,90 Euro).
Nachhaltiger Saatguteinsatz
Indem man eigene Sämlinge zieht, hat man Zugang zu einem viel größeren Sotenreichtum im Garten – denn es gibt mehr Sorten als Samen als in Form von Pflanzen zu kaufen. Und auch Sparfüchse können sich freuen: Für den Preis von etwa zehn Pflanzen bekommen sie rund 50 bis 200 Samen der gleichen Sorte. Verwenden Sie Saatgut aus der eigenen Ernte, womöglich noch das einer alten, regionalen, von Generation zu Generation weitergegebenen, samenfesten Sorte? Dann säen Sie bitte niemals das gesamte Saatgut aus. Würde nämlich die Ernte eines Jahres unerwartet ausfallen, ginge diese Sorte mitsamt ihren sortentypischen Eigenschaften vielleicht für immer verloren. In einer Zeit, in der das Bewahren gerade von ursprünglichen, an spezielle Regionen und deren Wetter- und Bodenbedingungen gut angepassten Sorten oberstes Gebot sein sollte, wäre das mehr als nur schade …
TIPP
SAMENFESTE SORTEN Achten Sie beim Kauf von Pflanzensamen darauf, dass die Sorten samenfest sind. Nur von diesen kann man – im Gegensatz zu Hybriden – wieder neue Samen mit den sortentypischen Eigenschaften gewinnnen. Bezugsadressen für ökologisch oder regional erzeugte Sämereien sowie seltene alte Sorten hat der NABU bereitgestellt: www. nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/trendsservice/empfehlungen/00592.html
Wiederentdeckt: Saatgut beizen mit Pflanzenauszügen
Nur aus gesunden Samen können auch starke Sämlinge wachsen. Eine bessere Keimfähigkeit, ein kräftiges Keimlingswachstum und Schutz vor Pilzkrankheiten nach dem Aufgehen der Saat fördert eine Technik, die lange in Vergessenheit geraten bzw. in der kommerziellen Saatgutzucht durch die Vorbehandlung mit starken künstlichen Giften ersetzt worden ist: dem Saatgut ein Gesundheitsbad zu gönnen, zum Beispiel aus Kräutern oder Knoblauch.
Um das Saatgut zu beizen, gibt man 8 Teelöffel getrocknete Kräuter in 1 Liter angewärmtes Regen- oder Schneewasser und lässt die Mischung 3 Stunden lang ziehen. In der abgeseihten Brühe das in ein kleines Stoffsäckchen gefüllte Saatgut etwa 1 Stunde einweichen, trocknen und nach 2 bis 4 Stunden aussäen oder das derart gebeizte Saatgut anschließend kühl aufbewahren. Ebenfalls für den Hausgarten können wir die altbewährte Meerrettichbeize oder Knoblauchbeize empfehlen:
MEERRETTICHBEIZE
Dazu werden 100 g Meerrettichwurzeln klein gehackt und 24 Stunden in 1l handwarmes, zuvor abgekochtes Wasser eingelegt (Kaltwasserauszug). Anschließend gut umrühren. Diese Beize ist eine bewährte Hilfe gegen die Umfallkrankheit bei jungen Gemüse- und Blumensämlingen.
KNOBLAUCHBEIZE
Sie eignet sich besonders für Pflanzen, die gerne von Pilzkrankheiten befallen werden: Kaltwasserauszug aus 100 g frischem, klein gehacktem Knoblauch auf 1l Wasser herstellen. Wirkt gut gegen die Krautfäule an Tomaten und Mehltaubefall an Zierpflanzen. Nicht aber an Kohl, Erbsen, Bohnen und Lupinen verwenden, sie vertragen keinen Knoblauch. Sie keimen besser nach einem längeren Kamillenbad.
Auch Beizen aus Schachtelhalmsud, Baldrianblütenextrakten, Kamillentee, 20-fach verdünntem Chlorwasser und Magermilch wurden früher gerne verwendet. Zudem war es üblich, Gurken- und Kürbissamen am Abend in den Nachttopf zu geben und sofort am nächsten Morgen in warme Erde auszusäen. Vor allem Kinderurin wurde nachgesagt, die Keimfähigkeit von Pflanzensamen zu fördern.
WIE WIRD GEBEIZT?
In jeder gut sortierten Hausapotheke findet sich eine feine Mullbinde, aus der sich ein zartes Gazesäckchen basteln lässt. Darin lassen Sie das Saatgut für 15 Minuten in der Kräuterzubereitung hängen. Anschließend trocknen Sie die Samen auf Zeitungspapier an der Luft (Achtung: Sonne vermeiden!). Spätestens am nächsten Tag sollte das frisch gebeizte Saatgut dann ausgesät werden.